Tayeba Badry

Kultur geht durch den Magen

Mein Name ist Tayeba Badry und das neben mir sind meine Töchter und mein Mann Shahim Badry. Zusammen flohen wir 2018 nach Deutschland.

Das Erste, was ich bei der Ankunft tat, war, mein Kopftuch abzunehmen. So schön, die Freiheit und den Wind in den Haaren zu spüren. Als junges Mädchen musste ich oft zu Hause bleiben, weil es draußen auf den Straßen in Afghanistan so gefährlich war. In unserer Wohnung an der Blauen Moschee schaute ich mit meinen sieben Geschwistern im Fernsehen viele Bollywoodfilme. Dadurch lernte ich Hindi.

Afghanistan hat, so wie auch Deutschland, viele Nachbarländer: Pakistan, Iran, Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan. Dadurch, dass unsere Stadt Masar-e Scharif, persisch مزار شريف, ziemlich weit im Norden Afghanistans liegt, gehören wir zu dem Völkerstamm der Usbeken.

Stolz auf die Kinder

Shahim und ich kennen uns schon seit unserer Kindheit, wir waren Nachbarn, aber Mädchen und Jungen spielen getrennt. Nun trage ich meinen goldenen Ehering mit dem grünschwarzen Stein an meinem linken Ringfinger. Als Shahim 13 Jahre alt war, wurde sein Vater von der Taliban getötet. Er war Bürgermeister unserer Stadt. Seine Mutter, Lehrerin, war mit den fünf Kindern auf einmal alleinerziehend.

Unsere gemeinsamen Töchter Sadya (11 Jahre) und Asenat (8 Jahre) gehen hier zu Schule, schreiben gute Noten und sind unser ganzer Stolz. Wo ist nur die Zeit geblieben? Gestern waren sie doch noch so klein und süß, als wir in Deutschland ankamen. Im Persischen (Iran) und Dari (Afghanistan) gibt es viele Redewendungen, die auf Deutsch keinen Sinn ergeben, aber ganz lustig sind, wie beispielsweise „moosh bokhoratet“. Wörtlich übersetzt heißt es, „Eine Maus soll dich essen.“, was aber so viel heißt wie „Du bist süß.“. Das sagen Erwachsene zu Kindern.

Das Leben mit den Nachbarn

Afghanische Spezialität: Ashak

Unsere deutschen Nachbarn sind sehr nett und freundlich zu uns, auch wenn der Anfang alles andere als einfach war. Sie waren sehr geduldig mit uns und die ordnungsgemäße Mülltrennung lernten wir schnell. Hier in Bernau haben wir Schule, Ausbildung und Arbeit, ein deutsches Auto, unsere eigene Wohnung in einem Zweifamilienhaus mit einem wunderschönen Garten mit Koikarpfenteich. Manchmal grillen wir alle zusammen, denn Essen verbindet Menschen und ich koche so gern! Shahims Lieblingsgericht ist Ashak (Nudeltaschen mit einer Füllung aus Rindfleisch, Porree, Knoblauch uvm.)

Hinter jedem Gesicht, sei es noch so anders als die, die man kennt, steckt ein Mensch. Wir wünschen uns mehr Offenheit gegenüber Anderen, erscheinen sie anfangs noch so fremd.

Elisa Karberg