Ruba Homsy

Heimatland – gutes Land

Ich bin 18 Jahre alt und komme aus Damaskus in Syrien. Seit Juni 2015 lebe ich in Deutschland. Mein Vater ist ein Jahr vorher nach Deutschland mit dem Schiff gekommen. Die Familie ist mit dem Auto von Syrien in den Libanon gefahren und von dort aus mit dem Flugzeug nach Deutschland geflogen. Bei unserem Wiedersehen haben wir alle geweint. Wir sind drei Kinder. Mein älterer Bruder ist 19 und mein jüngerer Bruder acht Jahre alt. Wir kamen direkt nach Eberswalde und unser Vater hatte bereits eine eigene Wohnung für uns alle gefunden.

Bald nach unserer Ankunft

kam ich in die 7. Klasse, die ich bereits in Syrien geschafft hatte, aber wegen der Sprache wiederholen musste. Ich hatte auch einen Deutschkurs in der Schule. Mein älterer Bruder lernte eher Deutsch als ich, da er deutsche Freunde hat. Ich habe nach Abschluss der 10. Klasse ehrenamtlich bei einem Dolmetscherdienst und im Büro gearbeitet. Dort habe ich viel gelernt und es hat Spaß gemacht.

Drei Jahre lang habe ich einen Ausbildungsplatz in einem medizinischen Beruf gesucht. Das war sehr schwer für mich und ich habe oft geweint. Oft habe ich keine Antwort oder Absagen erhalten. Ich bin Muslima und trage Kopftuch und keine kurzärmlige Kleidung. Ich denke, meine Herkunft und vor allem das Kopftuch sind oft ein Problem.

Bei der Bewerbung in einer Zahnarztpraxis wurde mir gesagt, dass ich das Kopftuch ablegen und kurzärmelige Kleidung tragen müsste. Seit April 2021 mache ich nun ein Praktikum in einer Hausarztpraxis und kann dort auch meine Ausbildung als medizinische Fachangestellte machen.

Es gefällt mir sehr in der Praxis und besonders die Arbeit im Team macht Spaß. Ich habe nette Kolleginnen, die alle meine Fragen beantworten. Ich muss erstmal viel lernen. Mein Arbeitgeber kennt meine Kultur, er hat Verständnis und das Kopftuch ist kein Problem. Ich wünsche mir, dass alle Mädchen mit Kopftuch Arbeit finden.

In der Schule

hatte ich nur wenige Freunde. Es ist in Deutsch schwer zu erklären, warum ich Kopftuch trage. Ich würde mir wünschen, dass sich die Leute auch im Internet zu den Kulturen belesen, wenn sie mehr wissen möchten. Als wir neu waren, guckten die Leute, aber jetzt habe ich das Gefühl, es ist normal für sie. Nur im Sommer werde ich noch manchmal wegen der langen Kleidung angeschaut. Zuerst war alles schwierig, aber jetzt bin ich glücklich.

Ich möchte in Eberswalde bleiben. Deutschland ist nun meine Heimat, denn hier habe ich alles erlebt. Wir haben in unserem Heimatland Syrien im Krieg viel Schlimmes erfahren. Bombensplitter kamen in unsere Wohnung. Wir haben tote Menschen gesehen. Es ist kein Leben für Menschen in Syrien – es gibt kein Wasser, mit Strom ist es noch schlimmer; alles ist teuer. Es gibt keine Krankenkasse, kein Jobcenter, keine soziale Absicherung. Ich denke, dein Land muss gut zu dir sein – mein Land war es leider nicht.

Ich vermisse

auch meinen Onkel und meine Tante, die in Syrien leben, aber hier in Deutschland fühle ich mich jetzt wohl. Ich möchte in die Zukunft schauen. Bald beginnt meine Ausbildung und ich mache gerade meinen Führerschein. Meine Familie und Gesundheit sind mir sehr wichtig. Ich bin froh, dass wir alle hier leben. Auch mein älterer Bruder hat seine Ausbildung als Optiker bereits abgeschlossen und möchte nun seinen Meister machen. Meine Eltern sind sehr stolz auf uns. Sie unterstützen uns immer und ich bin ihnen sehr dankbar.

Sarah Schmidt